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Verwaltungsgericht stärkt Rechte von Wohngeldempfängern

BRAUNSCHWEIG. Mit zwei Urteilen vom 26. Februar 2015 hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts die Rechte von Wohngeldempfängern gestärkt.

1.

Mit dem ersten der beiden Urteile hat die Kammer entschieden, dass die Behörden bei der Berechnung des Wohngeldes Einkünfte des Wohngeldberechtigten nur berücksichtigen dürfen, wenn sie ihm bereits tatsächlich zur Verfügung stehen. Damit sind auch Spareinlagen , die ein naher Angehöriger für den Berechtigten auf ein Sparkonto eingezahlt hat, erst anzurechnen, wenn der Wohngeldempfänger über die Beträge nach dem Ende der Vertragslaufzeit tatsächlich verfügen darf. Entsprechend verhält es sich mit den Zinsen, die einem Spar- oder Mietkautionskonto jährlich gutgeschrieben werden: Die Beträge sind erst dann als im Bewilligungszeitraum zu erwartendes Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie tatsächlich ausgezahlt werden und der Wohngeldberechtigte sie damit für die Zahlung der Miete verwenden kann.

Zur Begründung hat das Gericht unter anderem darauf hingewiesen, dass das Wohngeld angemessenes Wohnen sichern solle. Diesen Zweck könne das Wohngeld nur erreichen, wenn lediglich diejenigen Zuwendungen zulasten des Wohngeldempfängers berücksichtigt werden, die ihn im Bewilligungszeitraum tatsächlich erreichen und ihm damit einen tatsächlich nutzbaren wirtschaftlichen Vorteil verschaffen.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Großmutter des Wohngeldempfängers für diesen bei einer Bank einen Sparvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren und monatlichen Sparraten von 200 Euro abgeschlossen; eine vorzeitige Auszahlung war vertraglich ausgeschlossen. Als die Stadt Braunschweig als zuständige Wohngeldbehörde davon erfuhr, forderte sie einen Teil des bereits gewährten Wohngeldes unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach als Zuwendungen der Großmutter anzurechnenden Sparraten und die für den Sparvertrag zu erwartenden Zinsen vom Kläger zurück. Der zurückgeforderte Betrag belief sich auf 510 Euro. Für die Zukunft bewilligte sie ein entsprechend verringertes Wohngeld von monatlich 105 Euro (statt ursprünglich 159 Euro). Das Verwaltungsgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt (Aktenzeichen 3 A 166/14).

2.

Mit dem weiteren Urteil hat die Kammer entschieden, dass die Wohngeldstelle das gezahlte Wohngeld nicht vom Empfänger zurückfordern darf, wenn das Jobcenter diesem in Kenntnis der Wohngeldzahlung außerdem Unterkunftskosten im Rahmen des Arbeitslosengelds II (ALG II) bewilligt hat. In einem solchen Fall steht der Wohngeldstelle nur ein Erstattungsanspruch gegen das Jobcenter zu.

Die Klägerin, die mit ihren beiden minderjährigen Kindern in einer Mietwohnung in Braunschweig lebt, erhielt von der Stadt zunächst Wohngeld in Höhe von monatlich 384 bzw.470 Euro. Später teilte das Jobcenter der Klägerin mit, dass ihr nachträglich auch für zwei Monate, in denen sie bereits Wohngeld erhalten hatte, ALG II gewährt werde. Nach dem Sozialgesetzbuch entfällt ein Anspruch auf Wohngeld, wenn das Jobcenter auch Unterkunftskosten im Wege des ALG II übernimmt. Die Wohngeldstelle der Stadt verlangte unter Berufung darauf von der Klägerin, das Wohngeld für die beiden Monate (insgesamt 854 Euro) zurückzuzahlen.

Dies ist nicht mit dem Gesetz vereinbar, entschieden die Richterinnen und Richter. Die Wohngeldstelle müsse sich in diesen Fällen an das Jobcenter wenden und Erstattung verlangen. Sie habe einen Erstattungsanspruch gegen das Jobcenter, weil dieses der Klägerin ALG II gezahlt habe, obwohl ihm die Wohngeldzahlung bekannt gewesen sei. Ein Wahlrecht, das auch die Inanspruchnahme des Wohngeldempfängers erlaube, stehe der Wohngeldstelle nach dem Gesetz in einem solchen Fall nicht zu. Es sei vielmehr Sache des Jobcenters, den zu viel gezahlten Betrag von der Klägerin zurückzufordern. Mit dieser Regelung würden auch Nachteile für den betroffenen Bürger vermieden: In einem gerichtlichen Streit um die Rückforderung von Wohngeld sind nach den prozessrechtlichen Vorschriften Gerichtskosten zu zahlen, während ein gerichtliches Verfahren, in dem es um einen Anspruch auf ALG II bzw. um dessen Rückabwicklung geht, keine Gerichtskosten erhoben werden (Aktenzeichen 3 A 80/13).

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat in beiden Fällen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.03.2015
zuletzt aktualisiert am:
20.04.2015

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

Verwaltungsgericht Braunschweig
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