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Veränderungssperre steht dem Bau eines Zauns bei Eckert und Ziegler nicht entgegen

Die von der Stadt Braunschweig erlassene Veränderungssperre steht der Errichtung eines Zauns auf dem Betriebsgrundstück der Firma Eckert und Ziegler im Braunschweiger Stadtteil Thune nicht entgegen. Der Rat der Stadt hat die Sperre nicht wirksam verlängert. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts gestern nach einer mündlichen Verhandlung entschieden.

Hintergrund:

Die Klägerin ist ein weltweit tätiges Unternehmen, das radioaktive Komponenten für medizinische, wissenschaftliche und messtechnische Zwecke herstellt. Ihre Geschäftsfelder umfassen Strahlentherapie, Isotopenprodukte, Radiopharmaprodukte und Umweltdienste. Zu letzteren gehört die Messung, Konditionierung und Verpackung schwach radioaktiver Abfälle zur Einlagerung im Endlager Konrad. Im Jahr 2011 beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für ein neues Gebäude zur Messung, Konditionierung und Verpackung schwach radioaktiver Abfälle auf ihrem Betriebsgrundstück in Thune. Nachdem sich eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben gebildet hatte, beschloss die Stadt Braunschweig die Aufstellung eines Bebauungsplans („TH 22“) mit dem Ziel, die Zulässigkeit von Nutzungen für Anlagen zur Behandlung von Abfällen neu zu regeln. Nach der ursprünglichen Planung sollten bauliche Anlagen ausgeschlossen werden, die der Lagerung, Verwertung oder Weiterverarbeitung von Abfällen dienen. Zur Sicherung der Planungen erließ die Stadt Braunschweig eine zunächst bis zum 13.03.2014 geltende sog. Veränderungssperre. Eine solche Sperre verbietet erhebliche Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, um eine bereits eingeleitete Planung zu sichern. Daraufhin beantragte die Klägerin, ihr eine Baugenehmigung unter Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre zu erteilen. Gegen die ablehnende Entscheidung der Stadt erhob die Klägerin Klage. Mit Urteil vom 11.09.2013 verpflichtete das Gericht die Stadt, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Az. 2 A 1311/12). Das dagegen beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg anhängige Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen (Az. 1 LB 131/14).

Im vorliegenden Verfahren ging es allein um die baurechtliche Zulässigkeit einer 2 Meter hohen Zaunanlage, die die Klägerin entlang der Grenzen eines ihr gehörenden Grundstücks errichten will; das Grundstück grenzt an die bereits von ihr bebaute Fläche in Thune an. Nach einem entsprechenden Antrag der Klägerin verlängerte der Rat der Stadt die Veränderungssperre ab dem 6. Januar 2014 um ein Jahr. Im März 2014 lehnte die Stadt den Antrag der Klägerin und die Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Hiergegen erhob die Klägerin im Juli 2014 Klage. Während des gerichtlichen Verfahrens - im August 2014 - erstellte die Stadt einen neuen Entwurf für den Bebauungsplan TH 22. Danach sollen u. a. vorhandene Anlagen nur unter bestimmten Voraussetzungen geändert oder erneuert werden dürfen. Im Dezember 2014 verlängerte der Rat der Stadt die Veränderungssperre ab dem 5. Januar 2015 nochmals um ein Jahr.

Die Kammer hat entschieden, dass diese zweite Verlängerung der Veränderungssperre durch den Rat unwirksam ist. Damit gebe es keine bauplanungsrechtlichen Hindernisse, die der Errichtung des Zauns entgegenstehen. Das Baugesetzbuch sehe vor, dass die Veränderungssperre nach 2 Jahren außer Kraft tritt und einmal um ein weiteres Jahr verlängert werden kann. Das Gesetz gehe also davon aus, dass eine Dauer von 3 Jahren für eine Veränderungssperre grundsätzlich ausreicht. Eine zweite Verlängerung komme nach dem Gesetz nur in Betracht, wenn besondere Umstände dies erfordern. Nach der Rechtsprechung könne das nur angenommen werden, wenn ein „ungewöhnliches Verfahren“ vorliege, die Ungewöhnlichkeit ursächlich dafür sei, dass die Aufstellung des Plans mehr als die übliche Zeit in Anspruch nimmt, und die Gemeinde die Ungewöhnlichkeit nicht zu vertreten habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die Stadt habe das durch die Veränderungssperre gesicherte Planverfahren von Beginn an nicht intensiv genug betrieben. Das Verfahren sei nach seinem Umfang und Schwierigkeitsgrad nicht so ungewöhnlich, dass der vom Gesetzgeber vorgegebene Planungszeitraum von 3 Jahren nicht hätte eingehalten werden können. Dass die Planung nicht zeitgerecht zum Abschluss gebracht werden konnte, habe die Beklagte als Folge ihrer späteren Umplanung selbst zu vertreten. Auch das erhebliche öffentliche Interesse rechtfertige es nicht, das Planverfahren mehr als 3 Jahre in der Schwebe zu halten.

Die strahlenschutzrechtliche Genehmigung war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Stadt Braunschweig kann gegen das Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die Zulassung der Berufung beantragen.

(Aktenzeichen 2 A 162/14)

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.01.2015

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

Verwaltungsgericht Braunschweig
- Pressestelle -
Wilhelmstraße 55
38100 Braunschweig
Tel: 0531 488-3018 oder -3020
Fax: 05141 593733001

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