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Polizei durfte NPD-Demonstration abbrechen

Die Ereignisse im Zusammenhang mit der NPD-Demonstration am 18. Oktober 2003 in Braunschweig waren gestern Gegenstand einer Verhandlung vor der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts.

Dem Gericht lag die Sache bereits in einem Eilverfahren im Oktober 2003 vor. Die NPD hatte einen Demonstrationszug im Kernbereich der Braunschweiger Innenstadt angemeldet. Die Polizei hatte dagegen Sicherheitsbedenken und wollte den Aufzug in die Weststadt verlegen. Das Verwaltungsgericht entschied am 14. Oktober auf den Eilantrag der NPD, dass mit der Verlegung des Aufzuges in das vom Grundgesetz garantierte Recht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen werde und dieser Eingriff nicht gerechtfertigt sei. Die Richter ordneten damals an, dass der Demonstrationszug auf dem "inneren Ring" (unter anderem über Lange Straße und Radeklint) verlaufen müsse, weil die Polizei den Kernbereich der Innenstadt nicht ausreichend sichern könne. Diese Entscheidung wurde vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg bestätigt.

Die Polizeibehörde verlegte daraufhin die angemeldete Gegendemonstration in das östliche Ringgebiet mit einer Kundgebung am Theater. Dieser Anordnung kamen die am Schilldenkmal versammelten Gegendemonstranten nur teilweise nach. Einige der Teilnehmer versuchten, die Demonstration der NPD zu stören.

Gegen 15 Uhr hatte der ca. 170 Personen umfassende Aufzug der NPD den Euro-paplatz erreicht. Von hier aus – nach ca. zwei Fünfteln der geplanten Strecke – gelei-tete die Polizei den Aufzug zurück zum Bahnhof und erklärte zur Begründung, sie könne die Demonstration der NPD im weiteren Verlauf nicht mehr sichern. Dem wi-dersprach die NPD, sie fügte sich aber der polizeilichen Anordnung.

Gegenstand des jetzt verhandelten Hauptsacheverfahrens waren zwei Klagen der NPD.

Zum einen ging es um die Frage, ob die Polizei bereits nach zwei Fünfteln der geplanten Strecke den Rückweg zum Bahnhof anordnen durfte. Das Gericht hat entschieden, dass die Polizei dabei rechtmäßig gehandelt hat.

Die Richter wiesen darauf hin, dass eine Demonstration nicht deswegen unterbun-den werden dürfe, weil dort angreifbare politische Auffassungen vertreten werden. Dies sei im Grundgesetz so geregelt. Solange eine Partei nicht durch das dafür allein zuständige Bundesverfassungsgericht verboten sei und keine Straftaten von ihrer Demonstration ausgingen, sei sie durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützt. Wenn durch eine Gegendemonstration Gefahren für die öffentliche Si-cherheit drohten, sei die Polizei deshalb grundsätzlich verpflichtet, gegen die Gegen-demonstranten vorzugehen und den geplanten Weg freizuhalten. Eine andere Route, die dem Aufzug einen großen Teil seiner Öffentlichkeitswirkung nehme, dürfe die Polizei dann nur bei einem so genannten polizeilichen Notstand anordnen. Dieser könne nur angenommen werden, wenn die Polizei entweder unter Aufbietung aller Kräfte nicht in der Lage sei, die Sicherheit und den Fortgang des Aufzugs durchzu-setzen, oder die notwendigen Maßnahmen gegen die Gegendemonstranten zu er-heblich größeren Schäden führen würden.

Das Verwaltungsgericht hat zur Feststellung, ob eine solche Situation am Nachmittag des 18. Oktober 2003 gegeben war, die Einsatzleitung der Polizei und mehrere De-monstrationsteilnehmer vernommen. Die Beamten erläuterten die polizeiliche Lage anhand von Karten über den Verlauf des Aufzuges und die Standorte der Gegende-monstranten. Auf dieser Grundlage kamen die Richter zu der Überzeugung, dass die damalige Entscheidung der Einsatzleitung rechtlich nicht zu beanstanden sei: Ange-sichts der Gesamtsituation habe für die Polizei nicht die Möglichkeit bestanden, den Zug der NPD weiter in Richtung Innenstadt zu führen.

Mit der anderen Klage wollte die NPD erreichen, dass die vom Verwaltungsge-richt im Eilverfahren festgelegte Route bestätigt wird. Die Polizei vertrat die Auf-fassung, die Ereignisse im Oktober 2003 hätten gezeigt, dass die Verlegung des Aufzugs in die Weststadt unumgänglich gewesen sei. Das Gericht hat dagegen seine im Eilverfahren geäußerte Auffassung bestätigt, dass die Verlegung in die Weststadt unverhältnismäßig war. Für die Beurteilung der Rechtslage komme es insoweit auf den Zeitpunkt an, in dem die damalige Entscheidung zu treffen war. Allerdings habe die NPD keinen Anspruch darauf, Aufzüge künftig auf der gesamten vom Gericht im Eilverfahren freigegebenen Wegstrecke durchzuführen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
30.06.2010

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

Verwaltungsgericht Braunschweig
- Pressestelle -
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Tel: 0531 488-3018 oder -3020
Fax: 05141 593733001

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